Wenn ich Betroffene frage, was ihnen gut tut an dem Besuch einer Selbsthilfegruppe (SHG), so höre ich immer einer dieser Antworten:
- Es ist ein Ort, wo ich angenommen werde so wie ich bin.
- Ein Ort, wo mir endlich jemand zuhört.
- Ein Ort, wo ich nicht verurteilt werde.
- Ein Ort, wo Erfahrungen nicht kleingemacht werden.
- Ein Ort, wo an mich geglaubt wird.
- Ein Ort, an dem ich verstanden werde.
Das ist Selbsthilfe und eigentlich bedarf es nicht noch mehr Worte.
Doch ich möchte ein wenig ausholen. Weil es wichtig ist.
Selbsthilfe ist eine wichtige Säule in unserem Gesundheitssystem. Vielleicht sogar eine der wichtigsten überhaupt. Denn nur mit Eigenverantwortung und dem Gefühl mit anderen Menschen verbunden zu sein, gesunden wir.
Inhaltsverzeichnis
Selbsthilfe – ein Schlüssel
- Selbsthilfe ist wesentlich mehr als ein Stuhlkreis.
- Selbsthilfe befähigt dich, dein Leben wieder in deine Hände zu nehmen.
- Selbsthilfe ist – sich selbst helfen und nicht allein!
- Die Selbsthilfe im Suchtbereich kann als ein Schlüssel für ein alkoholfreies Leben betrachtet werden.
Die Gruppentreffen finden immer in einem geschützten Rahmen statt. Betroffene profitieren von folgenden Faktoren, die sie in ihren alten oder bestehenden Systemen selten erfahren:
- Sie fühlen sich zum ersten Mal mit ihrer Erkrankung akzeptiert und ernst genommen.
- Sie lernen, sich mit der Zeit mitzuteilen, lernen über ihre wirklichen Probleme zu sprechen.
- Sie erfahren, dass emotionale und lebensweltliche Hilfe durch die Gruppenarbeit entlastend sein kann.
- Betroffenen wird Mitgefühl entgegengebracht und sie werden wertgeschätzt
- Der selbstbestimmte und regelmäßige Austausch in einer Gruppe unterstützt sie dabei, die Abhängigkeit zu überwinden.
Auch Partner und Partnerinnen, Kinder, Eltern sowie Freunde und Freundinnen von Betroffenen brauchen Rückenstärkung. Sie sind in jeder Sucht-Selbsthilfegruppe oder auch in speziellen Angehörigen-Selbsthilfegruppen herzlich willkommen.
Durch die regelmäßige Teilnahme an den Gruppentreffen ergeben sich neue soziale Kontakte. Und diese sozialen Kontakte stärken die Abstinenz um ein vielfaches. Zudem verbessert sich das neue alkoholfreie Leben durch gemeinsam erlebte Freizeit. So entsteht eine Verbundenheit.
Regemäßige Teilnahme ermöglicht Wunder
Nicht alle Betroffenen die Alkohol missbrauchen oder abhängig sind, benötigen eine stationäre Entwöhnungsbehandlung. Vielen verhilft bereits der regelmäßige Besuch einer Sucht-Selbsthilfegruppe zu einem neuen Leben ohne Alkohol.
70 bis 80 % der suchtkrankten Gruppenmitglieder schaffen es, dauerhaft abstinent zu bleiben, mit Hilfe einem regelmäßigen Besuch der Selbsthilfegruppe!
Aus einer Erhebung der fünf Selbsthilfe- und Abstinenzverbände 2017 (Mitglieder der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen –DHS) geht hervor, dass 19 % der Betroffenen durch den reinen Besuch der Selbsthilfegruppe abstinent geworden sind.
Selbsthilfe im Gesundheitswesen
Die Selbsthilfe existiert seit über 100 Jahren. Der Kreuzbund existiert seit ca. 1890, die Guttempler seit ca. 1850 und das Blaue Kreuz wurde in Genf 1877 gegründet. Die Anonymen Alkoholiker bestehen seit ca. 1935, drei Jahre nach Abschaffung der Prohibition in Amerika.
Bundesweit gibt es in Deutschland ca. 100.000 Selbsthilfegruppen zu den unter-schiedlichsten Themen, mit ca. 3,5 Millionen Teilnehmern.
In NRW existieren ca. 15.000 Selbsthilfegruppen und innerhalb des Suchthilfesystems gibt es ca. 5.1000 Sucht-Selbsthilfegruppen der Mitgliedsverbände der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V.
Folgende Abstinenz- und Selbsthilfeverbände bestehen
- Blaues Kreuz in der Evangelischen Kirche Bundesverband e.V.
- Blaues Kreuz in Deutschland e.V. – Bundeszentrale
- Bundesverband der Elternkreise suchtgefährdeter und suchtkranker Söhne und Töchter e.V.
- Deutscher Frauenbund für alkoholfreie Kultur e.V.
- Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe – Bundesverband e.V.
- Guttempler in Deutschland e.V.
- Kreuzbund e.V. – Bundesgeschäftsstelle
Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl an freien Selbsthilfegruppen.
In unserem heutigen Gesundheitssystem erhalten Betroffene in den Hausarztpraxen oder in Suchtkliniken eine umfassende medizinische Versorgung. Bei den Betroffenen besteht jedoch oftmals darüber hinaus Hilfs- und Informationsbedarf. An dieser Stelle greifen die Selbsthilfegruppen, in dem sie den Austausch von persönlichen Erfahrungen ermöglichen, Informationen unterbreiten, beraten oder auch Hilfe vermitteln. Auch Wissenschaftliche Studien belegen, dass Selbsthilfegruppen bei einer Suchbewältigung eine zentrale Rolle einnehmen.
Nimm dein Leben in die Hand
Selbsthilfe heißt, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen und es nicht nur den medizinischen Fachleuten des Gesundheitswesens zu überlassen. Betroffene lernen in einer Selbsthilfegruppe wieder mehr ihrer inneren Stimme zu vertrauen.
Der Besuch der Selbsthilfegruppe kann dazu beitragen, dass Betroffene sich zum Experten des eigenen Lebens machen. Sie geben den Kurs an; die Betroffene weiß am aller allerbesten welcher Schritt ansteht.
In der Selbsthilfe stärken sich die Betroffenen gegenseitig. Selbsthilfe lädt dazu ein, die erlernte Hilflosigkeit abzulegen.
Selbsthilfe ermutigt und die Freude am Leben wächst!
SHG Frauengruppe „Mein neues Leben“
Die Gruppen, die ich Anfang 2020 gegründet habe, gestalten sich immer herzlich. Einige Frauen bringen Kaffee oder Tee mit. Zum Naschen stehen Kekse und Schokolade auf dem Tisch und jetzt in der Herbstzeit brennt eine Kerze. Während der Corona-Pandemie trafen wir uns manches Mal zum Walk & Talk oder saßen gemeinsam im Grünen. Jedes Treffen ist zwanglos und jedes Treffen ist anders. Ich freue mich wirklich jedes Mal auf das Wiedersehen jeder einzelnen Frau.
Liebe Grüße
Heike
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