Das Innere Kind oder die drei Nüsse

Auf meinem Schreibtisch stehen und liegen so allerhand Dinge. Bunte Stifte, Bücher rechts und links gestapelt, eine Buddha-Figur, meine Wasserflasche und die Kaffeetasse darf nicht fehlen, Notizzettel, ein Glücksstein von meinem Sohn und ein Bild von einem Eichhörnchen sowie drei Nüsse. Das Eichhörnchen, wie ich es liebe. Es ist ein Symbol für mein inneres Kind. Um das innere Kind geht es heute. Du kennst das innere Kind? 

Hier an dieser Stelle werde ich ein wenig ausholen. Wir alle sind nicht immer zu 100 % die eine Person. Wir haben unterschiedliche Facetten in  uns, die uns anders denken lassen, anders handeln und anders fühlen lassen. Erste Begegnungen mit meinen sogenannten Persönlichkeitsanteilen hatte ich während meiner ambulanten Suchttherapie, das ist jetzt über 13 Jahre her.

Unsere Persönlichkeit kann mit einem inneren System verglichen werden, in dem verschiedene Anteile wirken. Jede Facette hat dabei ihre eigene Funktion, sie hat eigene Ansichten und auch eine eigene Art zu kommunizieren. Da gibt es zum Beispiel die Kritikerin, die gewöhnlich streng ist. Doch es gibt auch eine abenteuerlustige Seite, die Spaß haben will und neue Dinge ausprobieren will und so weiter. 

Die Arbeit mit den Anteilen  geht zurück auf fünf Persönlichkeitstheorien, zum Beispiel das IFS-Modell, das DISG-Modell oder auch das Innere Team von Friedemann Schulz von Thun. An dieser Stelle will ich jedoch nicht auf diese Modelle eingehen, sondern ich möchte Dir erzählen, wie ich mit Hilfe meines Eichhörnchens, mein inneres Kind, eine schwierige Situation bewältigen konnte.

Mitte Oktober stand seit längerer Zeit wieder einmal für mich eine Lesung an. Ich lese gerne aus meinem Buch “ Glücklich alkoholfrei -Mein  Weg aus der Sucht”. Es ist mir immer wieder eine große Freude aus meinem Buch vorzulesen. Ich tauche ein und bin ganz in der Geschichte. Doch auch wenn es mir immer eine große Freude bereitet, ist es eine große Herausforderung für mich, mich in den Mittelpunkt zu stellen. Oft kam mir bei der Vorbereitung der Gedanke, wieso hast Du diese Aktion eigentlich geplant, ich werde das nicht schaffen, ich bin nicht genug vorbereitet, ich kann das nicht, ich schaffe das nicht und ich mache es auch nicht.  Unangenehm diese Gedanken, fühlten sich echt nicht gut an! Häufig hatte ich diese Sätze ”nur” zur Kenntnis genommen, hatte sie weiter ziehen lassen, wie Wolken am Himmel. Sie sind natürlich wieder gekommen, wieder ziehen lassen. Von diesen destruktiven Gedanken war meine Freude auf diese Lesung geschwindend gering geworden. Eine Lesung in der Fachklinik Gut Zissendorf, eine Klinik explizit nur für Frauen mit Suchterkrankungen. 

Wie lange schon stand dieser Wunsch – dort mein Buch vorzustellen – auf meiner Liste! Und so bin ich hingefahren mit meinen Ängsten. 

Der Empfang war herzlich und Gut Zissendorf ist ein schöner Ort mit viel Geschichte. Im sogenannten “Rittersaal” sollte meine Lesung stattfinden. Zuvor gab es für mich im “Bauernstübchen” noch einen leckeren Kaffee und einen kleinen Imbiss zur Stärkung. Aufregung machte sich breit und durch einen Zwischenfall sollte dann meine Lesung früher als geplant starten. Ich jedoch, war noch gar nicht so richtig vorbereitet. Alles ging auf einmal relativ schnell. Wenige Minuten später stand ich nervös wie in diesem Rittersaal, vor all diesen Frauen, die mich erwartungsvoll anschauten. Reflexartig begann ich vor diesen Frauen meine Thymusdrüse zu beklopfen. Gleichzeitig stellte ich mich vor und erzählte auch direkt, was das so mit dem Klopfen auf sich hat. Ich merkte, dass ich ein wenig ruhiger wurde und bei einigen Frauen konnte ich ein kleines Lächeln im Gesicht sehen oder ein leichtes Nicken. Einigen Frauen schien dieses – was ich da so tat – bekannt vor zu kommen. Dann legte ich mein Buch auf den schön dekorierten Tisch, setze mich, holte drei Walnüsse aus meiner Tasche und legte sie ebenfalls auf den Tisch. Ich konnte mir gut vorstellen, dass jetzt einige Frauen ihre Aufmerksamkeit auf die Walnüsse richteten. Also begann ich zu erzählen, ohne groß zu überlegen, denn auf all das war nicht vorbereitet. 

Ich erzählte, dass ich eine seeeehr große Kritikerin in mir habe, die sehr streng ist mit mir. Doch gleichzeitig weiß ich auch, dass ich ein kleines Eichhörnchen in mir habe – mein inneres Kind – das Freude und Abenteuer erleben will. Da jedoch die Kritikerin häufig so dominant ist, vertreibt sie so manches Mal das Eichhörnchen – Freude und Leichtigkeit. Die Walnüsse erinnern mich an mein Eichhörnchen, dass ich auch hier während der Lesung Freude haben darf und dass die Kritikerin hier keinen Platz findet. Stille im Rittersaal.

Die Lesung war magisch schön, ich bin sehr dankbar für all die Frauen, die mir so aufmerksam lauschten und die mir anschließend so viele Fragen stellten. 

Mögen wir uns öfter an unser inneres Kind erinnern und greifen wir dabei gerne zu magischen Mitteln. 

Liebe zu Dir.

Deine Heike 

1 Kommentar

  1. Bin total überrascht- die Schreibfertigkeit – das viele Wissen ……..

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